„Schrobenhausener Tage“ 2021: Urbanisierung, Digitalisierung, Klimawandel - die aktuellen Herausforderungen im Spezialtiefbau
Schrobenhausen – Im spannenden und abwechslungsreichen Webinar-Format fanden Mitte April die nationalen und internationalen „Schrobenhausener Tage“ statt. Die Veranstaltungen waren mit mehreren hundert Teilnehmern ein voller Erfolg. Unter dem Motto „Spezialtiefbau: DIGITAL – INNOVATIV – NACHHALTIG“ wurde das nationale Webinar unter Einhaltung der Corona-Auflagen von Hans-Joachim Bliss moderiert. Für die Fragen der Teilnehmenden standen neben den Geschäftsführern für den Bereich Spezialtiefbau Arnulf Christa und Frank Haehnig auch der Vorstandsvorsitzende der BAUER AG Michael Stomberg Rede und Antwort.
In seinem Einführungsvortrag „Nachhaltigkeit und Innovation im BAUER Konzern“ ging Michael Stomberg auf die drei großen Zukunftsthemen im Spezialtiefbau ein: Urbanisierung, Digitalisierung und Klimawandel. Er zeigte auf, wie Bauer diese heute bereits erlebt und auch erlebbar macht. „Bauer hat sich in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt und zählt dadurch auch zu den erfahrensten Spezialtiefbau-Anbietern in puncto Nachhaltigkeit“, so Michael Stomberg. Neben dem Ziel, den eigenen CO₂-Fußabdruck so gering wie möglich zu halten, gehöre auch die Lärmreduktion in dieses Feld. Dies gelinge beispielsweise mit dem elektrisch angetriebenen Seilbagger BAUER MC 96 und einem neuartigen und innovativen Unterwasserbohrverfahren, das beim Bau von Offshore-Windparks eine wichtige Rolle spiele. Wie wichtig das Thema Digitalisierung für den Spezialtiefbau geworden ist, verdeutlichte Michael Stomberg anhand der Dammsanierung des Herbert Hoover Dike in Florida – ein zu 100 Prozent digital überwachtes Projekt.
Als erster Gastredner bei den nationalen „Schrobenhausener Tagen“ berichtete Wolfgang Roeck, Geschäftsführer und Gesellschafter der WÖHR + BAUER GmbH, über die beiden innovativen Immobilienentwicklungen „TOM & HILDE“. Im Herzen Münchens entstand mit TOM eine neue Parkgarage unter dem Altstadtring, wodurch Platz für den Projektkomplex HILDE, der auch eine Erweiterung des Hotels Mandarin Oriental vorsieht, geschaffen wird. Diese Projektentwicklung umfasst neben Einzelhandel, Büros und Gastronomie auch Wohnungen. „Mobilität anders denken“ war dem gegenüber bei der gesamten Planung von TOM das Motto. So wurde die Parkgarage mit 520 Pkw-Stellplätzen auf drei Etagen als Mobilitätshotspot konzipiert. Die Herausforderungen dabei: Das historische Gesicht Münchens zu bewahren, im Inneren aber neuen Mobilitätsformen sowie Services Raum zu geben, gleichzeitig oberirdisch den Stadtraum neu zu organisieren und zusätzlich mit einem Radlring sowie mehr Aufenthaltsqualität das Stadtleben zu revitalisieren.
Das Thema von Dr. Klaus Engels, Direktor Wasserkraft der Uniper Kraftwerke GmbH sowie Geschäftsführer der Rhein-Main-Donau GmbH, war eine Dammsanierung als nachhaltiger Beitrag zur Energiewende. „Für uns stehen der Hochwasserschutz und die Nachhaltigkeit vor der Stromerzeugung immer an erster Stelle“, betonte er gleich zu Beginn seines Vortrags. So auch beim Staudamm Roßhaupten, der seit 1954 den Forggensee aufstaut, um das Wasserdargebot im Lech über das Jahr zu vergleichmäßigen und aufzubessern sowie die Anrainer vor Hochwasser zu schützen, indem z. B. im Frühjahr die Schneeschmelze aufgenommen wird. Bei Untersuchungen offenbarte sich Ende 2017 dringender Handlungsbedarf: Schadhafte Stellen unterhalb des Dammfundaments zeigten Durchlässigkeiten, weshalb innerhalb kürzester Zeit ein Lösungsansatz und ein Partner zur Umsetzung gefunden werden musste. Zusammen mit Bauer Spezialtiefbau konnte ein technisches Konzept erarbeitet, Behörden und Anrainer eingebunden und die Dammsanierung im Sommer 2019 erfolgreich abgeschlossen werden.
Um die Nachhaltigkeit beim Bau von Stadtquartieren ging es im Beitrag von Thomas Bergander, Geschäftsführer und Gesellschafter der Taurecon Real Estate Consulting GmbH, die aktuell das „Quartier Heidestrasse“ als Projektentwickler realisiert. Dieses Quartier wird in zentraler Lage von Berlin errichtet. Es bietet u. a. Raum für Wohn- und Bürogebäude sowie den Einzelhandel, Gastronomie, öffentliche Plätze und Grünanlagen. Das geplante Quartier umfasst ein rund 8,5 ha großes Areal und ist Teil der städtebaulichen Entwicklung Europacity. Die BAUER Spezialtiefbau GmbH wurde von der Quartier Heidestraße GmbH mit verschiedenen Spezialtiefbauarbeiten für das Teilprojekt „QH Track“, der längsten Baugrube Berlins, beauftragt. Die Schlagworte bei dem Projekt lauten: Digitalisierung, Mobilität und Nachhaltigkeit. „Durch den Einsatz des von der Bauer Spezialtiefbau entwickelten Mixed-in-Place Verfahrens und der BAUER LWS Silikatgelsohle konnten 18.000 t CO₂ eingespart werden. Dadurch konnten wir dem Anspruch einer umweltschonenden Bauweise gerecht werden“, sagt Thomas Bergander. Die Fertigstellung ist für das Jahr 2023 geplant.
Ganz unter dem Motto der internationalen „Schrobenhausener Tage“ –- „Bauer Expanding The Boundaries“ – stand im Vortrag von Dr. Karsten Beckhaus, Leiter Bautechnik der BAUER Spezialtiefbau GmbH, die Metro in Kairo im Mittelpunkt. Mit täglich rund 3,5 Mio. Fahrgästen ist sie ein wichtiger Teil der Infrastruktur in der Hauptstadt Ägyptens. Im Jahr 2008 haben die Bauarbeiten der Linie 3 begonnen, die in verschiedene Phasen aufgeteilt wurden. Die Arbeiten für Phase 3 begannen im September 2017. Diese umfassen den Bau von sechs unterirdischen Haltestellen, die neue Linie kreuzt außerdem den Nil. Bauer Egypt hat dafür gut 250.000 m² Schlitzwand bis in 83 m Tiefe und rund 180.000 m³ Untergrundabdichtung hergestellt.
Über die am tiefsten gelegene Schlitzwand der Welt in Jordanien berichtete Knut Pielsticker, Leiter Business Development in der BAUER Spezialtiefbau GmbH. Das Tote Meer ist reich an Kalisalz, das als Basis für die Produktion von Carnallit verwendet wird. Zu diesem Zweck wird das salzhaltige Wasser in Erdbecken geleitet, um die wertvollen Kalisalze mittels Verdunstung zu gewinnen. Über die Jahre hinweg wurden die Deiche dieser Erdbecken porös und mussten rehabilitiert werden. Neben dem Untergrund aus Ton und Salz, stellten auch die internationale Logistik und die Infrastruktur vor Ort Herausforderungen dar: So kamen die Spundwandbohlen aus Luxemburg, der Beton für die Suspension aus Spanien und für die Erdbetondichtwand aus Indien. Die hohen Temperaturen von 50 °C machten besondere Maßnahmen, wie spezielle Kühlsilos, notwendig. Die exzellente Kooperation mit dem Kunden APC half alle Probleme zu lösen.
Zwei der größten Minen der Welt – die Red Dog Mine in Alaska und die Lihir Gold Mine in Papua-Neuguinea – verdeutlichten als Beispiele das mitunter herausfordernde Umfeld für den Spezialtiefbau. Gebhard Dausch, Mitglied der Geschäftsleitung der BAUER Spezialtiefbau GmbH, hob den Kontrast der Arbeiten an entlegenen Orten mit Eis und Feuer hervor. Da in Alaska aufgrund des Klimawandels ein Auftauen des Permafrostbodens befürchtet wird, waren für die Red Dog Mine Baugrundverbesserungsmaßnahmen notwendig geworden. Hier stellte neben der Temperaturspanne von -35 °C bis +15 °C vor allem auch die Logistik eine Herausforderung dar, da die Mine ca. 1.000 km nördlich von Anchorage, der Hauptstadt Alaskas, liegt.
Weniger die Kälte, sondern vielmehr die Hitze stellte beim Lihir-Projekt in Papua-Neuguinea die Herausforderung dar. „Die Bedingungen waren zwar sehr hart. Aber mit eiserner Disziplin haben wir uns den Herausforderungen vor Ort erfolgreich gestellt. Das Team hat großartig zusammengearbeitet“, so Gebhard Dausch. Die Errichtung einer Schlitzwand fand im geothermisch aktiven Boden statt – mit Temperaturen von bis zu 150 °C. Aber nicht nur der Untergrund war heiß, sondern auch die Lufttemperaturen erreichten 35 °C.
Abgerundet wurde die Vortragsreihe sowohl der nationalen als auch der internationalen „Schrobenhausener Tage“ durch den Vortrag „Innovation bei Bauer – die Grenzen erweitern“ von Florian Bauer, Vorstand der BAUER AG und Geschäftsleiter der BAUER Spezialtiefbau GmbH. Er zeigte die großen Herausforderungen im Spezialtiefbau auf, zu denen unter anderem der Klimawandel, die Urbanisierung und die Energiewende zählen. Bei einem Explorationsprojekt in Saskatchewan, Kanada im Jahr 2018 konnte sogar mit 251,4 m ein Tiefenweltrekord mit einer Bauer-Fräse aufgestellt werden. „Natürlich sind wir stolz auf diesen Rekord, denn damit zeigen wir, dass wir immer wieder die Grenzen erweitern. Aber um den Trends im Spezialtiefbau gerecht zu werden, zählen nicht nur Rekorde. Deswegen entwickeln wir uns ständig weiter – und das mit großem Erfolg“, so Florian Bauer.
Zum Abschluss der nationalen und internationalen „Schrobenhausener Tage“ bedankte sich Hans-Joachim Bliss bei allen Beteiligten und äußerte seine Hoffnung, dass trotz des erfolgreichen Webinar-Formats die „Schrobenhausener Tage“ im kommenden Jahr wieder mit Gästen vor Ort stattfinden können.
Event verpasst? Hier gibt es das Video zu den „Schrobenhausener Tagen“
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